Frühling

Das Grün bricht durch's Grau.
Die Schneeglöckchen luken aus den Vorgärten, wenn ich die Straße runter gehe. Die Amsel flötet lauthals, wenn es noch stockdunkel ist. Die Sonne wärmt schon, wenn es auch noch frostig ist. Es ist noch hell, wenn ich in den Feierabend gehe. Es ist schon heller, wenn ich frühs verpennt Kaffee mache. Es sitzen schon Menschen draußen vor den Cafes, wenn ich durch die Stadt laufe. Es liegt eindeutig Frühling in der Luft, wenn es auch offiziell noch Winter ist.
Der Frühling bringt die Einladung mit, genau hinzusehen, hinzuhören, hinzuspüren. Er bringt Veränderung mit, macht neu und erhellt, was die letzten Monate im Dunkeln geschlummert hat. Er fragt uns, wie wir wieder mehr Licht, Leben und Wärme in unseren Tag zaubern können.
Was werden wir ihm antworten?
Fadenfreude

Wer den Faden hat, braucht für den Spaß nicht zu sorgen.
So würde ich ein ähnlich geneigtes Sprichwort mal umdichten. Denn, mal völlig spaßfrei betrachtet, was ein Faden alles kann, wenn man ihn zu nehmen weiß. In meditativer Handarbeit lassen sich wärmende Kleidungsstücke herstellen, damit lange Zugfahrten und dunkle Abende versüßen, die Finger beweglich halten. Und, wie ich finde, auch verlässlich fiese Gedankentheater beenden. Noch ein bisschen Musik im Hintergrund, immer wieder die gleiche Masche nehmen, immer wieder und immer wieder, und schon ist ein Pulswärmer fertig und das Hirngeplapper stiller. Was will es auch sagen, wenn eh nicht hingehört wird. Schließlich gibt es zu tun. Was eine Freude.
FamilieUndFreunde

Egal, ob von Geburt gegeben oder im Laufe des Lebens selbst gewählt. Ob Freunde, die sich wie Familie anfühlen oder Familie, die sich eher wie ferne Bekanntschaft anfühlt. Ob es eine Gruppe ist, die für uns den Familienkreis ersetzt oder ob wir uns bewusst für etwas mehr Abstand von irgendeinem Kreis entschieden haben, damit wieder mehr Verbindung zu uns selbst entsteht...ganz egal. Ich tauge wirklich nicht für komplexe Erläuterungen oder so, deswegen sei (besonders in diesen Zeiten) nur eins hervorgehoben: Mögen wir lieb zueinander sein. Ehrlich, aufrichtig, kritisch, ja auch das - aber liebevoll, das unbedingt. Zu den anderen und zu uns selbst. Aus vollem Herzen, einfach so. Sei es Familie, Freunde oder (noch) ganz Fremde.
Fotografieren

Hält fest, was war. Und ist gleichzeitig für mich so viel mehr als das. Der Begriff ist zu groß, um sich hier in seiner Bedeutung für mich in Worten beschreiben zu lassen. Trifft es sowieso nicht. Was diese Bildbetrachtung trifft, ist mein Fernweh, kombiniert mit nostalgischer Freude und träumerischer Erinnerung, Dankbarkeit und bittersüßer Trauer über das Vergehen der Zeit, als ich zufällig bemerke, dass das Foto heute sechsjährigen Geburtstag feiert. Damals stand ich am Meer, heute sitze ich hier und schreibe das auf - wo bin ich wohl in sechs weiteren Jahren? Who knows. Bebildern möchte ich diesen Weg in jedem Fall, ohne fehlt mir was.
Feierabend

Das Wort, was wir in der Regel mit einem gewissen erleichterten Ausatmen aussprechen. Die Arbeit ist getan, reicht für heute, Feierabend. Jetzt beginnt nach der Arbeit das Vergnügen, die Erholung, die private Freizeit. Im besten Fall. Im allerbesten Fall verlassen wir nicht nur physisch den Arbeitsort, sondern auch alle fleißigen jobbezogenen Gedanken unseren Kopf. Ein Traum. Absolute Ruhe, Freiheit, Müßiggang vom Feinsten. Passiert nur leider sehr selten. Jeden noch so kleinen Moment, der sich ansatzweise so anfühlt, gilt es darum ordentlich auszukosten. Ablegen, loslassen, aaah.
Denn dies sind, wie gesagt, die besten Fälle. So oft ist "Feierabend" ein schwammiges Konstrukt geworden, dank Heimbüro und Handyerreichbarkeit. Ach, ich mach' das noch schnell fertig, schau noch mal schnell... hab's ja mit nach Hause genommen, gedanklich sowieso. Oder nach der Erwerbsarbeit geht die eigentliche Arbeit zu Hause erst los, türmen sich ToDos und Notwendigkeiten. Und wieso verbinde ich den Feierabend in erster Linie mit Erwerbsarbeit? Haus- und Care-Arbeit daheim folgen ja nicht den festgelegten Wochenstunden, da kann man sich nicht einfach rausnehmen. Vielleicht seine eigene Form des Feierabends finden, schließlich laufen wir nicht pausenlos...deswegen: einen Moment erleichtert ausatmen, Feierabend sagen und in den Himmel schauen. Diesen Minimoment kann alles andere ja wohl mal warten. Schönen Feierabend allerseits.
Finger

Tippen hier in die Tasten und dürfen so an dieser Stelle ihr eigenes Loblied niederschreiben. Packen immer kräftig an, um mir eine Hilfe zu sein und oft habe ich nur einen kritischen Blick für sie übrig, weil die Optik nicht stimmt. Hä? Da stimmt ja dann wohl eher bei mir was nicht.
Nein, was doch eigentlich wichtig ist: Sie sind noch vollzählig, gesund und beweglich. Sie spüren und berühren, fassen an und schütten aus, schließen auf und packen ein, halten fest und lassen los, ziehen an und setzen auf, tragen schwer und lösen aus. Sie fädeln und werkeln, streicheln und schreiben, drücken und winken, putzen und kochen, fühlen und wühlen, sie wärmen sich an Heißgetränken und kühlen sich unter Wasserhähnen. Um nur eine Auswahl zu nennen.
Also: Danke, ihr seid top. Echt, Daumen hoch.
Fühlen


Fühlen, wie der Schnee unter den Schuhen knatscht. Wie sich meine Arme und Beine im Laufen bewegen. Wie der Wind zugig um meine Nase pustet. Fühlen, wie die Sonne trotzdem schon Wärme hinterher schickt. Und wie meine Stimmung davon nicht unberührt bleibt. Fühlen, wie warm meine Zehen und wie kalt meine Fingerspitzen sind. Fühlen, dass ich Platz und frische Luft und mehr als nur diesen Moment Zeit habe. Fühlen, was nach der Woche noch unabgeschlossen in mir arbeitet. Wie ich dem nachhänge und doch lieber beim Fühlen, statt beim Denken bleiben möchte. Fühlt sich hier gerade so gut an, zwischen Winter und Frühling, zwischen Bäumen und Boden, zwischen Sonne und Schneeglitzer.
Freitage

Für Zukunft. Im Ausleben der Freiheit, unsere Meinung lauthals auf offener Straße kundzutun. Miteinander laufen, Schilder halten, Sprechchöre anstimmen:
"Auf die Straße
immer wieder
gegen Nazis
für das Klima"
In dem Bewusstsein, dass das hier wichtig und gleichzeitig viel zu wenig ist. Wir viel zu wenig sind. Viel zu wenig tun. Und im selben Moment unterstützt und motiviert werden durch die Präsenz der anderen. Der fühlbare Beweis, dass ich mit meiner Meinung, meinen Ansichten nicht alleine bin. Der Wunsch, dass sich uns noch mehr anschließen mögen. Und auch ich mich wieder öfter anschließe, zukünftig. Bequemlichkeit kann ich mir, wie wir alle, in dieser Hinsicht ja nun wirklich nicht leisten. Diese meinungsäußernde, demonstrierende, lautstark protestierende Freiheit lebt sich schließlich nicht von selbst aus. Nutzen wir sie weise. Jetzt und in Zukunft.
Flauschig

Wolldeckenfeeling, schlicht und einfach. Ohne ist der Februar (ach, das Jahr) für mich undenkbar. Es soll Menschen geben, die tatsächlich ohne zurecht kommen. Ist mir rätselhaft, wie das gehen soll. Wärmequelle, Sicherheitsgeber, Gemütlichkeitsgarant und flauschige Flucht in einem. Mich einhüllen, einlullen in ihre weichen Wollfäden, für einen Moment die frostige Welt an ihr abprallen lassen. In ihr zu Sanftmut, Weichheit und Wärme zurückfinden. Möchte ich am liebsten allen umhängen, in der Hoffnung, dass das ansteckend ist.
Fluss

An manchen Tagen ist das Wasser klar, an anderen trüb. Der Wasserstand mal hoch, mal niedrig. Das Getummel am Ufer mal mehr, mal weniger lebendig. Er verändert sich in seiner Fließgeschwindigkeit, wirkt oft so entspannt und plätschernd, dann wieder sturzbachartig aufgewühlt. An manchen Stellen blockieren Stöcke und Unrat seinen Lauf, stauen allerlei Krams an, der da nicht hingehört. An anderen Ecken ist sein Fluss ungehindert frei. In seinen ruhigeren Randgebieten treffen sich die, die von und mit ihm Leben, ernähren sich von dem, was er so mitbringt. Und ich sehe gern dabei zu, wie er sich Tag für Tag gibt, wer sich heute wieder unter der Brücke sehen lässt.
Wasser steht für Emotionen, taugt als Spiegel für die Gefühlswelt und so nimmt das Flüsschen auch meine mit. Sammelt sie, klärt sie, trägt sie fort und spült neue ran. Verändert sich, wie sich auch die Stimmungen verändern. Und trägt durch seine Anwesenheit dazu bei, dass ich mich in meiner Wahlheimatstadt besonders wohl fühle. Genau wie die gefiederten Freunde. Nah am Wasser gebaut. Unbedingt.